Konservierung und Restaurierung der chinesischen Tapeten in Schloß Esterhazy / The conservation and restoration of chinese wallpapers at Schloss Esterhazy, Eisenstadt

> Publiziert / Published in: PapierRestaurierung, Vol. 4 (2003), No. 3, S./p. 15–22

Im Schloss Esterhazy in Eisenstadt werden Tapeten in insgesamt fünf Räumen konservatorisch bearbeitet. Es handelt sich um chinoase und europäische Tapeten aus dem 18. und 19. Jahrhundert.



Chinesische Tapeten im Blauen Saal
(Auftraggeber: F.E. Familien-Privatstiftung Eisenstadt)

Beschreibung der Wandgestaltung

Der Raum besitzt an den Schmalseiten jeweils eine Tür, an einer Wand drei Fenster und diesen gegenüber einen offenen Kamin in der Mitte des Raumes. Die Lamperie, die Fensterlaibungen und die Wandfläche über dem Kamin sind mit Holz bzw. mit Spiegeln verkleidet. Die freie Wandfläche und die Bereiche über den Türen bzw. über den Fenstern ist mit einer handgemalten chinesischen Tapete bedeckt. Die Wände werden von einem gemauerten Sims abgeschlossen, die Decke ist mit Stuck gestaltet.

Beschreibung der Tapete

Die Tapete hat einen monochromen blauen Hintergrund, der dem Raum seinen Namen gibt. Auf jeder Bahn ist im unteren Drittel eine figurative Szene abgebildet, die sich auf einer stilisierten Wiesenfläche abspielt.

Dahinter ranken sich schlanke Büsche und Bäume mit unterschiedlichen Früchten und Blumen in die Höhe. Zwischen den Bäumen sind Vögel und Schmetterlinge gemalt.

Die Tapete ist sekundär versetzt, die einzelnen Bahnen passen in den Stößen kaum aneinander. Bei der Montage wurde lediglich darauf geachtet, eine relativ durchgängige Horizontlinie zu erzeugen. Einige Bereiche wurden mit nicht zusammenhängenden Teilstücken gestaltet.

Zustand der Tapete

Es wurden Pläne mit einer detaillierten Schadenskartierung angefertigt. Die Tapete ist direkt an der Wand montiert. Unter der Tapete findet sich zumeist eine Makulatur aus Zeitungspapier (von 1867), rechts neben dem Kamin ein Rupfen.

Die Farben der Malerei haben sich erstaunlich gut erhalten, da die Tapete über lange Zeit von Bücherregalen verdeckt war. Die Tapete ist verstaubt. Die Haftung zur Wand hat sich in vielen Bereichen gelöst, es kam zu zahlreichen mechanischen Beschädigungen. Lose Bereiche entlang der Risse wurden zum Teil mit vielen Nägeln gesichert und mit Tapetenstreifen und Leim überklebt. Rechts neben dem Kamin haben sich größere Flächen ganz von der Wand gelöst und sind zu Boden gefallen. Durch wiederholten Wassereinbruch kam es zur Bildung von Wasserrändern und einigen Farbverlusten. Neben dem Kamin hat sich punktuell schwarzer Schimmel gebildet.

Bereichsweise finden sich Farbspritzer vom Ausmalen der Decke. Beim Lackieren und Beizen der Lamperie wurde nicht sorgfältig gearbeitet. Entlang der Unterkante gibt es durchgängig Pinselspuren mit Beize auf dem Papier.

Konservatorische Maßnahmen

> Trockene Reinigung
Zuerst wurde die Tapetenoberfläche mit einem Mikrostaubsauger und einem weichen Bürstenaufsatz von losem Staub und Rußflocken befreit. Danach wurde die gesamte Tapete mit weichen Radiergummi und Staubpinsel gereinigt. Viele der Nägel, die lose Risse sichern sollten, wurden entfernt.

> Abnahme der Tapete von der Wand
Die Malerei der Tapete ist ungewöhnlich wasserfest. Das Bindemittel der Farben wurde im Labor für naturwissenschaftliche Kunstuntersuchungen, Prof.Dr.habil. H.-P. Schramm, Dresden, untersucht. Die aufgebrachten Farben sind ausnahmslos mit Kasein gebunden. So konnten die Tapetenbahnen entlang der Stöße gefeuchtet werden und die Stöße aufgetrennt werden. Danach wurden die Tapetenbahnen vollflächig mit Wasser besprüht. Nach ca. 30 Minuten Einwirkdauer konnte damit begonnen werden, die Tapetenbahnen von unten nach oben mit Hilfe von Bambusspateln von der Wand zu lösen. Zumeist wurde die Tapete gemeinsam mit der Makulatur abgenommen. Die chinesische Tapetenmalerei wurde auf sehr dünnem, langfasrigem asiatischem Bogenpapier ausgeführt. Um aus den Papierbögen Bahnen zu erzeugen wurde eine Lage dünnes Bogenpapier leicht überlappend aneinander geklebt und rückseitig mit einem etwas dickeren asiatischen Papier kaschiert. Die einzelnen Bahnen wurden gemäß der Nummerierung, die bei der Schadenskartierung vergeben wurde, rückseitig beschriftet. Auf Folien und Löschkarton wurden die Bahnen am Boden zum Trocknen aufgelegt. Nach dem Trocknen wurden die Tapetenteile mit einer Zwischenlage aus Archivpapier auf eigens angefertigten großen Kartonröhren mit einem Durchmesser von 36 cm aufgerollt. So wurden die Tapetenbahnen nach Wien ins Institut für Papierrestaurierung transportiert.

> Abnahme der Makulatur und Reinigung der Rückseite
Jeweils eine Tapetenbahn wurde mit der Malseite nach unten auf eine Lage Hollytex und eine Lage Rollenlöschkarton gelegt. Lose Teile der Makulatur wurden mechanisch entfernt. Danach wurde die gesamte Tapetenbahn gefeuchtet und die europäische Makulatur entfernt. Die historische Kaschierung mit chinesischem Bogenpapier wurde belassen, einige lose Partien wurden mit japanischem Weizenstärkekleister nachgeklebt. Der dicke europäische Stärkekleister auf der Rückseite wurde mit Hilfe von Ziehklingen und Skalpellen reduziert und mit Wattebäuschen nachgereinigt.

> Hinterkleben von Rissen und Kaschieren der Rückseite
Risse wurden mit ca. 2 cm breiten Japanpapierstreifen hinterklebt und partiell beschwert getrocknet. Die Rückseite der Tapetenteilstücke wurde mit milchig dünnen japanischen Weizenstärkekleister eingestrichen. Rollenjapanpapier (Kozo RK19, Fa. Glaser, Stuttgart, BRD) wurde trocken auf der eingekleisterten Rückseite aufgerollt und mit chinesischen Klopfbürsten angerieben. Ein überstehender Spannrand wurde rund um die Tapete mit Kleister auf den Arbeitstisch geklebt. Über Nacht wurde die Tapete getrocknet und so auf der Arbeitsplatte ausgespannt.

> Weitere Reinigung der Vorderseite
Die ausgespannten Tapetenteilstücke wurden mit Hilfe von Bambusspateln von der Arbeitsplatte gelöst, die Spannränder wurden abgeschnitten. Kleinere historische Überklebungen mit Tapetenstücken auf der Vorderseite wurden mit Feuchtigkeit abgenommen. Farbspritzer und Leimreste wurden mit warmen Wasser bzw. mechanisch reduziert. Schimmel wurde durch betupfen mit 1%iger Wasserstoffperoxidlösung desinfiziert und mit destilierten Wasser und Löschkartonstücken nachbehandelt.

> Retusche
Die Retusche wurde mit Acrylfarben ausgeführt. Acrylfarben bleiben in Ethanol löslich. Durch die Verwendung verschiedener Bindemittelsysteme soll eine weitgehende Reversibilität der Retusche gewährleistet werden.

> Montage der Tapeten
Nach Plänen des Instituts für Papierrestaurierung wurden von den Tischlern der Esterhazy Betriebe GesmbH. japanische leim- und nagelfreie überplattete Holzgitter (Shoij) angefertigt. Die Außenmaße der Holzgitter folgen den Maßen der Bahnen. Die Holzgitter wurden mit Hilfe gegengleich abgeschrägter Führungsleisten plan an den Wänden befestigt, so dass diese durch einfaches Anheben abnehmbar bleiben. Nach einem modifizierten System wurden die Holzgitter in der Art traditioneller japanischer Papierspannwände kaschiert (Karibari). Diese Montageform ist sicherlich besonders aufwendig, bietet aber entscheidende Vorteile und kam aus diesem Grund bereits in vielen historischen Bauwerken zum Einsatz. Ein nach traditionellen japanischen Vorblid gefertigter Holzgitterrahmen wird mehreren Schichten Japanpapier beklebt, danach wird die Tapete vollflächig kaschiert. Diese Montageform ist leicht, bietet höchste Stabilität gegenüber Klimaschwankungen und verhindert jegliche Wellenbildung.

 

> Abschließende Retusche
Vor allem entlang mancher Übergänge zwischen den Bahnen waren noch einige Retuschearbeiten notwendig. Diese wurden mit Acrylfarben ausgeführt.

Schlussaufnahme

 

Chinesische Tapeten mit Szenen spielender Kinder
(Auftraggeber: F.E. Familien-Privatstiftung Eisenstadt)

Beschreibung der Tapete

Der Raum ist mit handgemalten chinesischen Tapeten aus dem 18. Jh. ausgestattet. Die Tapeten sind auf 10 Rahmen montiert, die mit Leinwand bespannt sind. Die Rahmen, von denen der größte mehr als 4,7 x 3,2 Meter misst, sind mit großen, sichtbaren Haken an der Wand befestigt. Die Tapete ist in Bahnen unterteilt. Diese sind aus mehreren Bögen Papier zusammengesetzt und haben eine durchschnittliche Breite von 118 cm. Chinesische Meander aus Bambus, die mit filigran gestalteten Blumengirlanden umwunden sind, bilden den Hintergrund der Tapetenbahnen. Im oberen Bereich einer Bahn ist zentriert jeweils ein Blumenkorb zu sehen. In einigem Abstand darunter sieht man quadratische Medaillons mit szenischen Darstellungen.

Den unteren Abschluss einer Bahn bildet ein kleines stilisiertes Bäumchen mit verschiedenartigen tropischen Früchten. Das Ornament entspricht weitgehend dem, der Tapeten im blauem Salon im Schloss Schönbrunn. In den Medaillons sind Szenen spielender Kinder abgebildet und andere Vergnügungen wohlhabender Chinesen. Die Linienzeichnung der Bambusmeander, der Blumengirlanden und der kleinen Zierbäumchen mit dem dazugehörigen Pflanzentopf wurden mit Hilfe einer Schablone oder eines Models angelegt. Sie sind auf allen Bahnen gleich. Lediglich die Kolorierung, die Art der Blüten und Früchte unterscheidet sich von Bahn zu Bahn. Die Medaillons sind aufgeklebte Wasserfarbenmalereien. Hier ist auf jeder Bahn eine andere Szene zu sehen. Die Tapete auf jedem der 10 Rahmen ist mit einer europäischen Bordüre aus dem 19. Jh. eingefasst. Die aktuelle Fassung der Wand passt zu dieser Bordüre.

Zustand der Tapete

Die Tapete ist sekundär versetzt, einige Bereiche wurden mit nicht zusammenhängenden Teilstücken gestaltet (s. Plan). Die Leinwand, auf die die Tapete montiert ist, hat ihre Spannung verloren und sich an einigen Stellen von den Rahmen gelöst. Die Tapete ist stark verschmutzt. Die Farben, vor allem die des Fond, sind verblasst. Die Europäische Bordüre ist stark abgebaut und von vielen Rissen durchzogen. Auch die chinesische Papiersubstanz weist viele Blasen, Risse und einige Fehlstellen auf. Größten Schaden nahm die Tapete durch einen heftigen Wassereinbruch. Vor allem an der West- und Nordwand sind unzählige Rinnspuren und Spritzer zu erkennen. Es haben sich braune Wasserränder gebildet. Die Tapete wurde zumindest ein mal überarbeitet. Entlang der Stöße und großflächig an der Ostwand wurde der Fond übermalt. Zum Zeitpunkt dieser Ausbesserungsarbeiten muss die Tapete noch mehr von ihrer ursprünglichen Farbigkeit erhalten haben, da die Übermalungen des Fonds in den nun verblassten hellblau ausgeführt wurden.

Konservatorische Maßnahmen

> Trockene Reinigung

> Abnahme des Rupfens von den Rahmen

> Abnahme der Tapete von der Wand

> Abnahme der Makulatur und Reinigung der Rückseite

> Hinterkleben von Rissen und Kaschieren der Rückseite

> Weitere Reinigung der Vorderseite

> Retusche

> Montage der Tapeten auf Shoij (s. Blauer Saal)

 

Tapeten im kleinen chinesischen Salon
(Auftraggeber: Schloss Esterhazy Management GesmbH)

Beschreibung der Tapete

Im kleinen chinesischen Salon im Schloß Esterhazy in Eisenstadt findet sich eine Wandgestaltung, die auf das 18. Jh. zurückgeht.

Die Wände sind mit auf Rupfen montierten Papiertapeten bedeckt. Die Tapete beginnt über eine ca. 20 cm hohen Sockelleiste mit einer plastisch linierten Imitation einer Lamperie. Darüber strukturieren große kolorierte chinesische Holzschnitte die Wandflächen. Diese sind von Girlanden mit floralen Motiven, Vögeln und Schmetterlingen umrahmt.

Die Holzschnitte sind in drei verschiedenen Motiven vorhanden. Zu sehen sind häusliche Szenen mit Frauen und spielenden Kindern.
Motiv 1: "Abfeuern von Knallkörpern", 7 mal vorhanden
Motiv 2: "Grillenkampf", 3 mal vorhanden
Motiv 3: "Arangement von Lotusblumen", 8 mal vorhanden

Zustand der Tapete

Vor allem die älteren Tapetenteile sind faltig kaschiert. Es gibt zahlreiche Verfärbungen im Hintergrund, die von vorangegangenen Ausbesserungen und Festigungsversuchen herrühren. Außerdem finden sich diverse Rinnspuren, Wasserränder, Risse, Blasen, kleinere Fehlstellen und Löcher in der Papierschicht. Zahlreiche ältere Retuschen sind nachgedunkelt. An einigen Stellen im Lamperiebereich wurde die Papierschicht und die Leinwand durchstoßen. Der Fond der älteren Dekorationsmalerei ist wenig gebunden und kreidet. Der Leinwandträger hat nach wie vor eine gute Spannung. Es haben sich keine größeren Zugfalten oder Wellen gebildet. Deshalb soll die Tapete auch in situ, ohne eine Abnahme restauriert werden. Wie bereits beschrieben, kleben einige der Holzschnitte auf einer dünnen zusätzlichen Leinwand. Hier haben sich Blasen zwischen Leinwand und Tapete gebildet, die nur durch eine Abnahme und Neu-Montage der Holzschnitte behoben werden könnte. Dies würde jedoch ein großes Risiko von neuen Zugfalten rund um die Holzschnittfelder mit sich bringen, weshalb von dieser Maßnahme Abstand genommen wurde.

Konservatorische Maßnahmen

> Trockene Reinigung:
Verkleben und Bandagieren loser Papierteile

> Verkleben und Hinterkleben der Risse im Trägergewebe:
Niederlegen von Blasen und Wellen der Tapete

> Befestigung loser Teile des Rupfens am Rahmen:
Ergänzung der Fehlstellen und Retusche

 

Tapeten im Biedermeier-Kabinett
(Auftraggeber: F.E. Familien-Privatstiftung Eisenstadt)

Beschreibung der Tapete

Tapete mit floralem Steumuster, mehrfärbiger Hochdruck, versehen mit einer, die Tapete oben und unten abschließenden Bordüre. Auf Rahmen, mit der Größe jeweils einer Wandfläche, wurde ein Rupfen gespannt und die Tapete darauf montiert.

 

Tapeten im großen chinesischen Salon
(Auftraggeber: Schloss Esterhazy Management GesmbH)

 

Institut für Papierrestaurierung – Schloß Schönbrunn
Mag. Markus Klasz
Schloß Schönbrunn
Finsterer Gang 71
A-1130 Wien
Österreich
Tel. + 43-1-8178664-4, Mobil +43-699-11117503
Fax +43-1-81786649
Email: klasz_markus@aon.at


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