MITTELALTERLICHE PERGAMENTFRAGMENTE
Einbandtechnische Verwendung, Umgang bei der Restaurierung und Aufbewahrungsmöglichkeiten
Autorin/Author:
Ágnes Ádám
Zusammenfassung: Im Mittelalter
war es ein selbstverständliches einbandtechnisches Verfahren,
ältere oder zeitgleiche, manchmal auch mißlungene oder
inhaltlich veraltete Pergamenthandschriften wiederzuverwenden. Der
Grund dafür war, daß Pergament ein besonders starkes
und beständiges Material darstellt, aber auch sehr teuer und
schwer zu beschaffen war. Restauratoren befinden sich nun in einer
speziellen Situation: Beim Zerlegen eines alten, beschädigten
Einbandes können sie gut verfolgen, wo und wie die zerschnittenen,
handbeschrifteten Pergamentseiten bzw. Fragmente im Inneren des
Einbandes liegen und welche Funktion sie als Hilfsmaterial im Einband
ausüben. Durch die Entdeckung dieser Fragmente eröffnet
sich wiederum die Möglichkeit, Informationen und wertvolles
Quellenmaterial zu erhalten. Ein gutes Beispiel dafür ist ein
lateinischer Papiercodex aus dem 15. Jh. (Cod. Lat. 324), in dem
im Zuge seiner Restaurierung 20 Pergamentfragmente gefunden wurden,
die ehemals für einbandtechnische Zwecke verwendet wurden.
Ihre Bedeutung ist besonders gestiegen, als es sich herausstellte,
daß sie größtenteils, von einigen Fehlstellen abgesehen,
wieder zu den originalen Briefen zusammengeführt werden konnten.
Das Ziel der Restaurierung war dabei die Entnahme der Fragemente
aus dem Codex und die Rekonstruktion der Briefe. Nach dem Auffinden
der Fragmente war eine enge Zusammenarbeit zwischen Restauratoren,
Bibliothekaren und Forschern nötig. Das Zusammenfügen
der vorgefundenen Fragmente aus dem 13. und 14. Jahrhundert wurde
unter Berücksichtigung der fehlenden Teile durchgeführt.
Die Fixierung und Restaurierung erfolgte in der Restaurierungswerkstatt
der Landesbibliothek Széchényi mit Hilfe einer Ergänzungsmasse,
bestehend u.a. aus Pergament- und Zellulosefasern. Die Mehrzahl
der in den Einbänden vorgefundenen Fragmente konnte leider
nicht zusammengefügt werden. Ihre Aufbewahrung und Unterbringung
wirft wiederum ethische Fragen auf: Sollen sie wieder in den Einband
eingefügt werden oder nicht? Wo und wie sollen sie aufbewahrt
werden? Dafür werden einige Beispiele genannt. Dabei ist es
sehr wichtig, daß der oder die Besitzer sowohl den Vorschlag
der Restauratoren als auch die gegebenen Lagerungsbedingungen berücksichtigt.
Abstract: It was standard practice
in medieval book binding to reuse earlier or even contemporary hand-written
codex leaves when they were damaged or their content had become
obsolete. This can mainly be attributed to two facts: on the one
hand, parchment is an extraordinarily strong and durable material,
and on the other, it was very expensive and difficult to obtain.
Conservators trace the original placement of the cut off hand-written
parchment leaves and fragments within a binding and describe the
function they served as auxiliary binding materials. When fragments
are discovered, they provide valuable historic source material.
A good example to illustrate this is a Latin codex from the 15th
century (Cod. Lat. 324) in which conservators found 20 fragments
used for binding purposes. These fragments gained special significance
when it was discovered that the majority of them could be arranged
to form nearly complete leaves. The objective was to reconstruct
and ensure legibility of the fragments. This work required close
co-operation between the conservator, the librarian and the researcher.
The fragments from the 13th and 14th centuries were fit together
with compensations as required. This was performed using a thick
"pulp" containing parchment and cellulose fibres, which
is used in the Conservation Workshop of the National Széchényi
Library. Unfortunately, the majority of the fragments discovered
in the volumes cannot be fit together. The storage and disposition
of these pieces raises ethical issues: Should they be replaced in
the binding, or if not, where and how should they be safeguarded?
There are some examples to follow, but it is advisable that the
owner should take into consideration the recommendation of the conservator
as well as the available storage conditions.
Keywords: Einbandtechnische
Verwendung (Falzung - Hinterklebung - Kapitale - Spiegel, fliegendes
Blatt - Schließenriemen - Bogenreiter - Einband - Reparaturen)
- Pergamentfragmente: Belassen oder Entfernen? - Restaurierung der
Fragmente des Codex 324 - Aufbewahrung entnommener Fragmente - Dank
- Anmerkungen - Literatur - Autorin
|
MITTELALTERLICHE UND HEUTIGE EINBAND-
UND RESTAURIERUNGSTECHNIKEN
Restaurierung in der Stiftsbibliothek St. Gallen
Autor/Author:
Martin Strebel
Zusammenfassung: Der
Artikel befaßt sich mit der Einbandtechnik und Restaurierung
an zwei karolingischen Handschriften (Codex 627 und 247) aus dem
größtenteils einheimischen Corpus von Codices und ottonischen
Handschriften aus dem 8. bis 11. Jahrhundert der Stiftsbibliothek
St. Gallen, einer der ältesten und bedeutendsten Bibliotheken
der Welt. An beiden Codices wurden im Verlauf von 1000 Jahren mehrere
Reparaturen vorgenommen. Einige dieser Reparaturen waren auch nach
Jahrhunderten noch klar erkennbar und aufgrund ihrer Struktur auch
reversibel. Bei beiden Einbänden gibt es Hinweise (z.B. an
den Kapitalen), daß es sich zumindest teilweise nicht mehr
um die originalen karolingischen Einbände handelt. An Codex
627 finden sich je zwei praktisch identische Kapitale, welche merkwürdigerweise
hintereinander angebracht sind. Eine weitere Abweichung von der
karolingischen Bindetechnik sind die Lederbünde, welche untypisch
für karolingische Handschriften aus dem deutschsprachigen Raum
sind. An Codex 247 findet man einen über den ganzen Rücken
verlaufenden Lederstreifen, der oben und unten Kapitale aufweist,
die aufgrund ihrer Machart bereits 500 bis 800 Jahre alt sein könnten.
Weil die Kapitalfäden jedoch nicht in die Lagenmitten gestochen
sind, sondern nur in den Lederstreifen, muß am Codex 247 im
Bereich der Kapitale eine Reparatur erfolgt sein, die aufgrund ihrer
Technik dem Mittelalter zuzuordnen ist. Die restauratorischen Eingriffe
von 1994 und 1995 erfolgten nach dem Prinzip, den Eingriff so schonend
wie möglich zu gestalten, wobei die angewendete Methode den
vorgefundenen mittelalterlichen Bundreparaturen vergleichbar ist.
Abstract: The article deals
with the binding technique and conservation intervention on two
Carolingian codices belonging to the largely indigenous corpus of
Codices and Ottonian manuscripts from the eighth to the eleventh
centuries at the St. Gall Abbey Library, one of the oldest monastic
libraries in the world. In the course of the last thousand years
both codices were subject to a number of repairs. Some of these
were still traceable and reversible thanks to the clearly defined
intervention performed at the time, especially with regard to the
headbands. Codex 627 e.g. has two practically identical headbands,
which for curious reasons are fixed one behind the other. A further
deviation from Carolingian binding technique is the leather thongs
which are considered as untypical for Carolingian bindings in the
German speaking part of Europe. Codex 247 shows a continuous spine
lining, a predominantly Romanesque binding technique, which is sewn
to headbands, approximately 500 to 800 years old. However, since
the thread of the endband sewing was not introduced into the centrefolds,
but only into the continuous spine lining, and without using the
holes in the gatherings for the thread of the endbands, it is evident
that some repair work has been done on the headbands of Codex 247
which appears to be dated to the Middle Ages. Conservation work
on the codices in 1994 and 1995 was based on the principle of keeping
the intervention as inoffensive as possible whereby our approach
may be assimilated with the repairs of the sewing supports on Codex
627 and 247, which were executed in medieval times.
Keywords: Bellum Judaicum (Codex
627) (Einbandbeschreibung - Zustandsaufnahme und Restaurierung)
- Historia Ecclesiastica Gentis Anglorum (Codex 247) Einbandbeschreibung
- Zustandsaufnahme und Restaurierung) - Schlußfolgerungen
- Bezugsquellen - Anmerkungen - Literatur - Autor
|
LITERATUR
Neu eingegangene Publikationen
Vollständige Liste der Rezensionsvorschläge unter
http://palimpsest.stanford.edu/iada/text_rez.html
Rezensionen
Festschrift Otto Wächter (Gerd
Brinkhus)
Manfred Schreiner, Marieliese Schack, Helmgard Wallner-Holle
und Christa Hofmann (Hrsg.): 50 Jahre Papierrestaurierung in Österreich
- 80 Jahre Hofrat Prof. Mag. Otto Wächter. Wien: Phoibos, 2003
(Biblos Schriften, Bd. 178), 214 S., zahlr. Farb- und sw-Abb., ISBN
3-901232-40-0, EUR 35,00.
Festschrift Hans Marte (Gerd
Brinkhus)
Mirabilia Artium Librorum Recreant Te tuosque Ebrinat. Dona natalicia
Ioanni Marte oblata. Festschrift zum 66. Geburtstag für Hans
Marte, Generaldirektor der Österreichischen Nationalbibliothek.
Wien: Phoibos, 2001 (Biblos Schriften, Bd. 177), 378 S., zahlr.
Abb., ISBN 3-901232-27-3, EUR 49,90.
Mediaeval Colours (Eva-Katharina
Nebel)
Mark Clarke: The Art of All Colours. Mediaeval Recipe Books for
Painters and Illuminators. London: Archetype Publication, 2001,
152 S., ISBN 1-873132-72-7, GBP 24,50.
Leather Bookbinding (Antonín
Andert)
Edward R. Lhotka: ABC of leather bookbinding: an illustrated
manual on traditional bookbinding. New Castle DE: Oak Knoll Press,
2000, 142 S., zahlr. sw-Abb., geb., ISBN 1-584-56026-6, USD 39,95.
Scherenschnitte (Michaela Brand)
Matthias Seeliger, Astrid Seeliger: Dorothea Brockmann OSB (1899-1983).
Scherenschnitte, Kinderbücher, Gebrauchsgraphik (Holzmindener
Papeterie; Bd. 2). Holzminden: Verlag Jörg Mitzkat, 1999, 89
S., 100 Abb., brosch., ISBN 3-931656-25-X, EUR 11,00.
Mechthild Ernst: Maria Louise Kaempffe - Scherenschnitte. Mit einem
vollständigen Verzeichnis der im Museum Europäischer Kulturen
- Staatliche Museen zu Berlin erhaltenen Scherenschnitte der schlesischen
Künstlerin (Holzmindener Papeterie; Bd. 4). Holzminden: Verlag
Jörg Mitzkat, 2001, 89 S., 166 Abb., brosch, ISBN 3-931656-39-X,
EUR 13,00.
Matthias Seeliger, Astrid Seeliger: Schnittspuren. Zweite Gemeinschaftsausstellung
des Deutschen Scherenschnittvereins in Holzminden (Holzmindener
Papeterie; Bd. 3). Holzminden: Verlag Jörg Mitzkat, 2001, 73
S., 68 Abb., brosch., ISBN 3-931656-35-7, EUR 11,00.
Spielkartenherstellung (Michaela
Schellin)
Werfel, Silvia (Hg.): Kultur- und Technikgeschichte der Spielkartenherstellung.
Vorträge und Forschungsberichte der Jahrestagung des Internationalen
Arbeitskreises für Druckgeschichte (IAD), 27. bis 29. Oktober
2000 in Grevenmacher/Luxemburg, (Beiträge zur Druckgeschichte,
hg. von Harry Neß für den IAD; Bd. 1/2001), 144 S., 33
sw- und 25 Farbabb., brosch. Mainz/Darmstadt: Internationaler Arbeitskreis
Druckgeschichte, 2001, ISSN 1618-7709, EUR 30,00 inkl. Versandkosten.
Bezugsadresse: Silvia Werfel, Postfach 130283, D-65090 Wiesbaden,
smwerfel@aol.com
Diplomarbeiten
Staatliche Akademie
der Bildenden Künste Stuttgart
Zeitschriften online
UK-Edinburgh: Skin Deep, J. Hewit and Sons Ltd. > http://www.hewit.com/skindeep.htm
DE-Münster: Forum Bestandserhaltung > http://www.forum-bestandserhaltung.det
Zeitschriftenauswertung
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22.-26. September 2003, DE-37073 Göttingen
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